„Geringe Spielräume“: Y-Trasse vor dem Aus?

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Berlin/Hannover. Dem Bund fehlt das Geld für zahlreiche Bahn- und Straßenbauvorhaben. Den Projekten droht die Verschiebung um etliche Jahre. Allein neun wichtige Schienenvorhaben stehen nicht mehr im neuen Investitionsplan von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der dieser Zeitung in Auszügen vorliegt. Darunter ist auch die geplante Y-Trasse zwischen Hannover, Hamburg und Bremen. Das Verkehrsministerium bezeichnet die Papiere zwar als „Entwürfe auf Arbeitsebene“. Dafür allerdings liest sich der Text sehr entschieden: Viele Bahnprojekte wurden demnach von der Regierung nicht in die Investitionsplanung für 2011 bis 2015 übernommen und würden so bis zum Ende dieses Zeitraums keinen Cent erhalten. Dazu gehören die Y-Trasse, der weitere Ausbau der Bahnknoten Hamburg, Bremen, München, Berlin, Mannheim und Dresden sowie der Rhein-Ruhr-Express (RRX) und der Umschlagbahnhof „Megahub“ Lehrte. Aufgelistet sind auch die Ausbaustrecken Ulm–Friedrichshafen–Lindau sowie Kehl–Appenweier sowie die wichtige Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim. Als Gründe für die Streichung aus den Investitionsplänen bis 2015 werden in dem Papier des Ministeriums „sehr frühe Planungsstände und erforderliche Neuplanungen“ genannt. Als geplante Gesamtinvestitionen ins Schienennetz für Aus- und Neubau sind nur noch 11,4 Milliarden Euro genannt – nach 28 Milliarden Euro im Rahmenplan 2006 bis 2010. Das Ministeriumspapier kritisiert, dass das bisherige Planungsvolumen „stark überhöht war und in dieser Zeit keine hinreichende Konzentration der Mittel auf die wichtigen Vorhaben erfolgte“. Deshalb bestünden nur noch „geringe Spielräume für weitere Neubeginne“. Dem Vernehmen nach stehen auch Straßenprojekte zur Disposition, vor allem Ortsumgehungen. „Das ist ein guter Tag für Norddeutschland“, meinte der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Das aus verkehrlicher Sicht entbehrliche Großprojekt Y-Trasse stehe wieder einmal vor dem Aus – „diesmal wohl endgültig“. Dies biete die Chance, stattdessen den Ausbau des bestehenden Schienenetzes voranzubringen. „Hiervon würden – im Gegensatz zur Y-Trasse – tatsächlich die norddeutschen Häfen profitieren“. Demgegenüber sieht das niedersächsische Wirtschafts- und Verkehrsministerium überhaupt keinen Grund, das Projekt der Y-Trasse zu den Akten zu legen. „Das ist eine Wasserstandsmeldung, mehr nicht“, meinte Ministeriumssprecher Christian Budde. Fest stehe, dass die Finanzierungsvereinbarung für die Y-Trasse bereits unterschrieben sei und die Länder Niedersachsen, Hamburg, Bremen sowie Bahn und Bund 55 Millionen Euro zur Verfügung stellen wollten. „Die Bahn bereitet derzeit die Planfeststellungsunterlagen vor.“ Frühestens Mitte des Jahres 2013 werde wohl mit diesem Verfahren begonnen, das sich bestimmt über eineinhalb Jahre hinziehen werde – und dies sei schon eine optimistische Schätzung. Deshalb brauche man vor 2015 voraussichtlich auch noch kein Geld. „Dass bis 2015 noch keine Gelder zur Verfügung stehen, deckt sich mit unserem Zeitplan“, merkte Verkehrsminister Jörg Bode ironisch an. An der Y-Trasse hängt ein weiteres Projekt, das die Region Hannover beschäftigt. Sie soll durch eine Strecke für Güterzüge ergänzt werden, die nach Informationen der HAZ durch den Nordosten der Region hauptsächlich über Burgwedeler und Burgdorfer Gebiet verlaufen soll und bei Bevölkerung und Politik vor Ort nicht gerade auf Begeisterung stößt. Während die Baukosten für die Y-Trasse zuletzt mit 1,5 Milliarden Euro angegeben wurden, ist die Güterstrecke auf 267 Millionen Euro taxiert. Streicht das Ministerium Geld für Ortsumgehungen, sind in der Region Hannover Hemmingen und Wunstorf betroffen. An beiden wird seit Jahrzehnten geplant. Vor allem in Hemmingen, wo für eine neue Bundesstraße?3 40 Millionen Euro verbaut werden sollen, sorgten die Nachrichten aus Berlin für Ernüchterung. „Über das Thema können wir uns wieder 2017 unterhalten“, ärgerte sich Bürgermeister Claus Schacht. Solange keine neue Bundesstraße gebaut wird, kann Hemmingen auch nicht auf einen Stadtbahnanschluss hoffen. Die Trasse für die Züge soll auf der vorhandenen B?3 verlaufen.

10.09.2011 / HAZ Seite 14 Ressort: WIRT

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